Unsere Gäste

 

John von Düffel (Autor)

Das Wenige und das Wesentliche

In Wohlstandsgesellschaften strampeln wir uns ab in einem Hamsterrad des Konsums unter dem Diktat des „immer mehr“. In Form eines Stundenbuches, einer Art Gedankengedicht, reflektiert John von Düffel die Frage, wie wir uns als Individuen selber Grenzen setzen können, um durch das Weglassen von Überflüssigem das wirklich Wichtige zu finden. Wie kann bewusste Genügsamkeit bereichern, innere Räume weiten und gleichzeitig die Ressourcen der Erde schonen? Beschränkung kann glücklich machen, „wenn das Wenige dem Wesentlichen entspricht.“

Foto: Katja von Düffel

Nach dem Studium der Philosophie, Germanistik und Volkswirtschaftslehre promovierte John von Düffel mit einer Arbeit zur Erkenntnistheorie. Er arbeitete als Filmjournalist und Theaterkritiker, ist Theaterdramaturg und vielfach ausgezeichneter Roman- und Bühnenautor, in dessen Werk Wasser und Schwimmen häufig eine große Rolle spielen.

John von Düffel liest im Rathaus


 

Mark Gerstorfer (Filmemacher)

Film "Die unsichtbare Grenze"

Mitten in der Nacht dringen Polizisten in eine Wiener Wohnung ein, um eine albanische Familie abzuschieben. Die Situation eskaliert, als der jugendliche Sohn sich wehrt und die Mutter aus dem Fenster springt. Als die schwarze Polizistin Nancy die achtjährige Tochter der Familie schließlich in einem Kellerversteck entdeckt, nimmt sie sie zunächst in Obhut. Doch darf ihr Mitgefühl die Grenzen ihrer Dienstpflichten verletzen? Nancy muss sich entscheiden, wie weit sie gehen will.

Foto: AMPAS

Mark Gerstorfer schloss sein Regiestudium an der Wiener Filmakademie in der Meisterklasse von Michael Haneke mit Auszeichnung ab. Er gewann 2023 mit seinem Kurzfilm „Die unsichtbare Grenze“ Gold bei den amerikanischen Student Academy Awards („Studentenoscar“).

Mark Gerstorfer zeigt seinen Film im Figurentheater, Marktstr. 13



 


 Rüdiger Zill (Philosoph)
Unendliche Weiten

Grenzen sind eine Herausforderung. Sie sollen uns zurückhalten und wollen gleichzeitig überschritten werden, zu Lande, zu Wasser, in der Luft - und darüber hinaus. Seit fast 2000 Jahren träumt die Menschheit von der Raumfahrt, seit Gagarin hat sie begonnen, diesen Traum zu realisieren. Doch die Kosten sind hoch, diese Entgrenzung setzt viele Beschränkungen voraus: Der Mensch kann im All nur überleben, indem er sich zu einem Anhängsel der Technik macht. Ist die Raumfahrt ein Akt der Freiheit oder einer der Unfreiheit?

Foto: Rüdiger Zill privat

Dr. Rüdiger Zill  studierte Philosophie, Geschichte und Soziologie. Er ist Wissenschaftlicher Referent am Einstein Forum in Potsdam und versucht dort die Grenzen einzelner Wissenschaften mit interdisziplinären Tagungen zu überwinden, u.a. zur Theorie der Emotionen und zur Ideengeschichte.

Rüdiger Zill trägt vor in der Wohnung Meßmer, Marktstr. 16



 

Barbara Thimm (Kulturpädagogin)

Flucht über den Rhein

Tausende versuchten, der nationalsozialistischen Verfolgung zu entkommen und über den Rhein die rettende Schweiz zu erreichen. Entlang einer Radroute von Bregenz bis Partenen laden heute 52 symbolische Grenzsteine per QR-Code dazu ein, von diesen Flüchtenden zu erfahren. Ihre Schicksale wurden vom Jüdischen Museum Hohenems auch im Buch „Über die Grenze“ aufgearbeitet. Das Thema ist aktuell Teil eines umfassenden Gedenkprojektes, mit dem sich die Schweiz u.a. mit ihrer heute kritisierten Grenzschließung zur Abwehr von - insbesondere jüdischen - Flüchtenden während des Nationalsozialismus auseinandersetzt.

Foto: Barbara Thimm privat

Am Jüdischen Museum in Hohenems/Vorarlberg begleitet Barbara Thimm die Entwicklung eines neuen Vermittlungszentrums zum Thema Flucht an der Grenze am Alten Rhein. Dieses ist einer der geplanten Erinnerungsorte des „Schweizer Memorial für die Opfer des Nationalsozialismus“.

Barbara Thimm liest im Wirtschaftsmuseum, Marktstr. 22



 

Christine Urspruch (Schauspielerin)
An das Wilde glauben

Die französische Anthropologin Nastassja Martin wird auf einer Forschungsreise auf der russischen Halbinsel Kamtschatka von einem Bären angefallen und schwer im Gesicht und am Kopf verletzt. Danach ist nichts mehr wie zuvor – nicht nur wegen der körperlichen Entstellung, sondern auch wegen der nachhaltigen seelischen Erschütterung der jungen Frau. Das Verschwimmen der Grenzen zwischen Menschen- und Tierreich, das die Wissenschaftlerin bei indigenen Völkern erforscht, wird für sie durch dieses einschneidende Erlebnis zur Realität. Sie muss ihre eigene Identität neu finden, und das Wesen des Bären wird zu einem Teil ihrer Seele.

Foto: Markus Nass

Die Theater- und Filmschauspielerin ChrisTine Urspruch ist einem großen Publikum u.a. aus den Verfilmungen der „Sams“-Bücher sowie in ihrer Rolle als Gerichtsmedizinerin im Münsteraner „Tatort“ bekannt. In der Salonnacht stellt sie die auf wahren Begebenheiten beruhende Erzählung „An das Wilde glauben“ vor.

Christine Urspruch liest im Museum Ravensburger, Marktstr. 26



 

 Susanne Röckel (Autorin)

Der Vogelgott

Sie sind eigentlich recht rational veranlagt: Der Vogelkundler auf der Jagd nach einem nie zuvor gesichteten Vogel, seine Tochter, die in Kunstgeschichte promovieren möchte, seine Söhne, die Journalist und Entwicklungshelfer sind. Doch dann geraten sie alle aus unterschiedlichen Gründen in den Sog eines unheimlichen Mythos um einen Vogelgott. Oder ist er gar keine mythische Figur, sondern eine immer noch mächtige, schreckliche Gottheit? Je mehr sich die Figuren in den düsteren Kult um den Vogelgott verstricken und sich die Grenzen der Vernunft verschieben, umso drängender stellt sich die Frage: Ist das Erlebte Wahn oder Wirklichkeit?
Foto: Robert Fässler

Susanne Röckel studierte Deutsch und Französisch für das Lehramt. Sie verbrachte einige Zeit im Ausland, arbeitete als Deutschlehrerin, u.a. an der Universität von Shanghai und als literarische Übersetzerin. Sie hat Romane und Erzählungen verfasst. „Der Vogelgott“ stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.

Susanne Röckel liest im Musikhaus Lange, Marktstr. 27



 

Gün Tank (Autorin)

Die Optimistinnen

Es ist ein blinder Fleck in der deutschen Geschichte: Ein Drittel der Arbeitsmigranten in den 1970er Jahren waren Frauen, die oft alleine die Familie in der Heimat ernährten, während die deutschen Frauen noch überwiegend Hausfrauen waren. Und obwohl die Migrantinnen aus der Türkei, Spanien, Italien, Griechenland und Jugoslawien das Land mit aufbauten, wurden sie gesellschaftlich ignoriert und mit schlecht bezahlten „Leichtlohngruppen“ abgespeist. Vom Kampf dieser Frauen um Anerkennung und gerechte Bezahlung, der die Grenzen des damals für Frauen Erlaubten sprengte, erzählt „Die Optimistinnen“.

Foto: Heike Steinweg

Gün Tank studierte Journalistik in Istanbul und Verwaltungswissenschaften in Berlin. Dort ist sie Bezirksbeauftragte für Menschen mit Behinderung. Sie kuratierte eine Ausstellung, die die erste Generation von Arbeitsmigrantinnen in der Bundesrepublik porträtierte und zu einem der Impulse für „Die Optimistinnen“ wurde.

Gün Tank liest im Friseursalon hauptArt, Marktstr. 36



 

Paula Fürstenberg (Autorin)

Weltalltage

In „Weltalltage“ erzählt die Autorin die Geschichte ihres besten Freundes, obwohl er es ihr untersagt hat. Doch nicht nur diese Grenzüberschreitung wird zur Zerreißprobe für die Freundschaft, sondern auch die schwere psychische Erkrankung von Max, die das Kräfteverhältnis innerhalb der Beziehung umkehrt und die Grenzen zwischen Gesundheit und Krankheit, Fürsorge und Bevormundung verschwimmen lässt. Ihren „Freundschaftskummer“ versucht die Erzählerin zu überwinden, indem sie die gemeinsame Nachwendekindheit im Osten bis in die ungewisse Gegenwart hinein in romanartigen Listen zu ordnen versucht.

Foto: JL Walter

Paula Fürstenberg studierte u.a. am Schweizerischen Literaturinstitut. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Dort koordiniert sie die Autor*innengruppe "Literatur für das, was passiert". Für ihre Arbeit wurde sie mit mehreren Preisen und Literaturstipendien ausgezeichnet.

Paula Fürstenberg liest in der Wohnung Horras/Montero, Marktstr. 43




 

Wolfgang Neuser (Physiker und Philosoph)

Epochengrenze

Wir sind durch die Vorstellung geprägt, dass unser „Ich“ sich durch Reflexion auf sich selbst der Wahrheit eines Sachverhaltes gewiss wird. Die Entwicklung künstlicher Intelligenz bringt jedoch ein neues Verständnis von Wissen mit sich, sie stellt eine Epochengrenze dar. Immer weniger wird Gewusstes von selbst-bewussten (menschlichen) Subjekten erzeugt, sondern von informatischen Algorithmen. Doch warum ist etwas gewusst und nicht bloß gemeint oder geglaubt? Die Beantwortung dieser Frage hat weitreichende Folgen für unser Verstehen von Welt.

Foto: Wolfgang Neuser privat

Prof. Neuser war Inhaber des Lehrstuhls "Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Natur- und Technikwissenschaften" an der Rheinland-Pfälzischen TU Kaiserslautern-Landau. Neben Philosophie studierte er Physik mit dem Schwerpunkt theoretische Astrophysik, sowie Wissenschaftsgeschichte.

Prof. Neuser liest in der Gotischen Stube im Humpishaus, Marktstr. 45




Steffen Nowak
(Schauspieler & Regisseur)
Das große Heft

Im Krieg verschlägt es Zwillingsbrüder aus der Großstadt zur Oma aufs Land. Angesichts der unbarmherzigen Großmutter und einer feindseligen Dorfgemeinschaft lassen die Kinder als eingeschworene Gemeinschaft die Grenzen der Moral hinter sich, um zu überleben. Sie lernen betteln, lügen, stehlen und töten, und vor allem: nichts dabei zu empfinden. Das gelingt ihnen dank eines systematischen „Übungsprogramms“ zur emotionalen Abhärtung, das sie taub gegenüber physischen und psychischen Schmerzen macht. 

Foto: Sebastian Krawczyk

Steffen Nowak stellt den Roman der 2011 verstorbenen ungarisch-schweizerischen Schriftstellerin Ágota Kristóf vor. Nowak studierte Schauspiel in München, Burghausen und Los Angeles und arbeitete als Bühnen- und TV-Schauspieler. Seit 2013 steht er als Regisseur vornehmlich hinter der Kamera.

Steffen Nowak liest in der Wohnung Baur, Marktstr. 51